Ansbach – Mit einer neuen Koordinierungsstelle will der Bezirk Mittelfranken das Thema Sucht im Alter aus der Tabuzone holen. Dazu fand jüngst ein Pressegespräch im Bezirksrathaus in Ansbach statt. Bezirkstagspräsident Armin Kroder betonte eingangs, dass es wichtig sei, Betroffenen und Angehörigen zu vermitteln: „niemand ist allein“. „Wir als Bezirk Mittelfranken wollen mit der neuen Koordinierungsstelle eine gute Hilfestellung bieten.“
Zirka 30 Prozent der Männer und etwa 18 Prozent der Frauen ab 60 Jahren trinken zu viel Alkohol und riskieren damit erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen. In Deutschland leben 65.000 bis 70.000 ältere Menschen, die von Opiaten abhängig sind. Von den 60- bis 64-Jährigen nehmen 1,2 Prozent täglich Schmerzmittel und 1,5 Prozent täglich Beruhigungsmittel. Wegen der demografischen Entwicklung rechnen Experten sogar mit einer deutlichen Zunahme von Abhängigkeitserkrankungen bei der älteren Generation.
Da die bisherige Versorgungssituation in der Gerontopsychiatrie den Bedürfnissen suchtmittelabhängiger Seniorinnen und Senioren nur unzureichend gerecht wird, wollen die beiden Projektkoordinatorinnen Eva Adorf und Nina Gremme die Schnittstellen zwischen der Altenhilfe, Suchthilfe und dem Gesundheitswesen verbessern. Beim Pressegespräch waren denn auch die Kassenärztliche Vereinigung, die Suchtberatungsstellen des Diakonischen Werks Altdorf-Hersbruck-Neumarkt, der Caritas Fürth und der Stadt Erlangen sowie die „mudra – Alternative Jugend- und Drogenhilfe“ vertreten.
„Sucht im Alter ist schwerer zu erkennen“, so Eva Adorf. Die Abgrenzung zwischen Symptomen einer Sucht, wie schleppender Gang oder Vergesslichkeit könnten auch typische Begleiterscheinungen des Alters sein. Dazu komme, dass Sucht im Alter sehr schambehaftet sei und auch von Angehörigen und Pflegenden oft lange geleugnet werde. Die „Koordinierungsstelle zur Verbesserung der Versorgungssituation von älteren Menschen mit Suchtproblemen“, so die genaue Bezeichnung des neuen Angebots beim Bezirk Mittelfranken, will daher Informationsveranstaltungen oder Fortbildungen für Fachkräfte, beispielsweise aus der Altenpflege oder von Hausarztpraxen, durchführen. Derzeit sind Eva Adorf und Nina Gremme mit einer Bestandserhebung der bestehenden Angebote beschäftigt, um Versorgungslücken auf die Spur zu kommen. Ein großes Augenmerk müsse laut Nina Gremme auch dem Ausbau spezifischer Wohnformen für ältere Menschen mit Suchtproblemen gelten.
Unser Foto im Anhang (Bildquelle: Bezirk Mittelfranken) zeigt die acht Teilnehmenden des Pressegesprächs auf dem Platz vor dem Bezirksrathaus in Ansbach. In der vorderen Reihe von links nach rechts: Projektkoordinatorin Nina Gremme, Franca Großmann von der Drogen- und Suchtberatungsstelle der Stadt Erlangen und Projektkoordinatorin Eva Adorf. In der hinteren Reihe: Hans-Dieter Moritz von der Beratung Praxisführung des Beratungscenters Nürnberg der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, Norbert Wittmann, Geschäftsführender Vorstand der mudra – Alternative Jugend- und Drogenhilfe e.V., Bezirkstagspräsident Armin Kroder, Daniela Günther von der Suchtberatungsstelle der Caritas Fürth und Ralf Frister, Bereichsleitung bei der Suchthilfe Diakonisches Werk Altdorf-Hersbruck-Neumarkt e.V..